Metreletus balcanicus und Siphlonurus armatus sind sehr seltene Eintagsfliegenarten, die einen ungewöhnlichen Lebensraum besiedeln. Im Sommer trockene kleine Fließgewässer sind ihre bevorzugten Lebensräume. Beide Arten werden in der Roten Liste der verschiedenen Bundesländer als "vom Aussterben bedroht" oder als "stark bedroht" geführt.

Die Trockenphase überbrücken diese Eintagsfliegen mit einer Entwicklungsruhe (Diapause) im Eistadium. Erst nach dem Frost im zeitigen Frühjahr oder späten Winter, entwickeln sich die Larven. In kürzester Zeit wachsen sie heran und M. balcanicus erreicht eine Körperlänge von 15mm, S. armatus sogar 20mm. Damit gehören sie zu den großen Eintagsfliegenarten. Das schnelle Wachstum ist durch die fehlende Nahrungskonkurrenz anderer Wasserinsekten möglich. Sie müssen sich auch beeilen, bevor das Gewässer austrocknet muss die Entwicklung zum flugfähigen Subimago abgeschlossen sein.

In diesem Frühjahr habe ich mich auf die Suche dieser seltenen Arten begeben. Dabei konnte ich viele neuer Fundorte in einem Waldgebiet von über 100 qkm entdecken. Anfängliche Markierungen der Fundorte im Kartenmaterial endeten schnell, als ich erkannte, dass jeder geeignete Lebensraum in diesem Gebiet von M. balcanicus besiedelt ist. Um die Verbreitung überhaupt erfassen zu können, bevor alle Larven geschlüpft sind, richtete ich den Schwerpunkt darauf, die Größe des Verbreitungsgebietes zu erfassen und untersuchte hauptsächlich die von mir vermuteten Ränder des Verbreitungsgebietes. Es ist davon auszugehen, dass in der Fläche von über 100 qkm in mehr als 30 kleinen Bachläufen M. balcanicus vorkommt. In 10 Bachläufen am Rand des Verbreitungsgebietes war definitiv ein Nachweis möglich. Nach meiner Kenntnis gibt es in Deutschland kein einziges bekanntes Verbreitungsgebiet mit einer so hohen Gewässeranzahl.

M. balcanicus ist als Larve leicht zu bestimmen. In Suppenteller großen Tümpeln waren oft mehr als 50 Larven versammelt. M. balcanicus mag zwar sehr selten sein, aber in dem von mir gefundenen Waldgebiet, das kein Naturschutzgebiet ist, waren die Larven sehr häufig.

Auch Siphlonurus war ständig präsent, jedoch könnte es sich hierbei auch um eine andere der fünf bei uns vorkommenden Siphlonorus Arten gehandelt haben, als S. armatus. Im Larvenstadium ist es vor Ort mir nicht möglich, diese sicher zu bestimmen. Ein gefundenes Imago vom Männchen und Weibchen konnten zweifelsfrei als S. armatus bestimmt werden. Es ist sehr typisch, dass M.balcanicus und S. armatus gemeinschaftlich vorkommen.

In einem Bach waren Siphlonurus Larven so häufig, dass es den Eindruck machte ein Fischschwarm würde davon schwimmen. Es waren aber alles Siphlonurus Larven, die bekanntlich zu den Schnellschwimmern gehören und daher von der Fortbewegung im ersten Moment der Beobachtung einem Fisch ähneln. Bei einem so zahlreichen Vorkommen von Siphlonurus konnte ich M. balcanicus nicht finden.

Dies ist die Erstveröffentlichung einer bemerkenswerter Entdeckung. Ich plane, dieses Vorkommen noch mit der Verbreitungskarte in einem ausführlicheren Bericht in entsprechender Fachliteratur zu veröffentlichen. In dem gesamten Waldgebiet wurde bisher kein einziger Bach als Lebensraum für M. balcanicus veröffentlicht.

Es stellt sich die Frage, ob beide Arten wirklich so selten sind oder ob diese doch für Eintagsfliegen untypischen Biotope bisher zu wenig untersucht wurden. Hierbei spielt auch die kurze Zeit (von März bis Mai) in der die Larven wahrgenommen werden können eine Rolle.



Kamera: OM 1
Objektiv: 2,8 / 40-150 mm mit vorgesetztem 4x Plan Mikroskopobjektiv
Blende: 2,8
Belichtungszeit: 1/100 sec.
Beleuchtung: meine selbstgebaute LED Lampe (siehe Bastelecke: www.focusstackingforum.de/t5070f22-LED-Beleuchtung.html)
ISO: 200
Dateiformat RAW/JPG: RAW
Beschnitt in % (Breite und Höhe): 20 %
Abbildungsmaßstab: ca. 6 fache Vergößerung
Anzahl der Schritte: 164
Länge der Schritte: Kameraeinstellung 3
Arbeitsabstand: 2 cm
Stacking-Software: Zerene Stacker
Artenname: Siphlonurus armatus
Aufnahmedatum: 18.05.2024
sonstiges: Am Abdomen liegen die eindeutigen Bestimmungsmerkmale von S. armatus. Zum einen ist dies die flügelartige Verbreiterung vom neunten Abdominaltergit und das achte Abdominaltergit ist in zwei bauchseitigen Spitzen verlängert.

Die nachfolgenden Bilder wurden ohne Focus Stacking erstellt.

Siphlonurus armatus Larve

Siphlonurus armatus Imago Männchen

Siphlonurus armatus Imago Weibchen

Siphlonurus armatus Abdomen Weibchen mit Eiballen

Metreletus balcanicus Larve

Metreletus balcanicus Subimago

Beispiel von einem typischen Bach der von M. balcanicus besiedelt wird



LG Pit

Hallo Pit,

prima Bilder und spannende Beobachtungen, danke dafür! Vermutlich sind sommertrockene Bäche insgesamt wenig im Fokus. Hans-Wilhelm Bohle (ehem. Prof. in Marburg) hat Anfang der 1990er Jahre in Osthessen auch einige Vorkommen derselben Arten in Waldgebieten gefunden. Ich kopiere den Link mal hier rein:

https://www.zobodat.at/pdf/Lauterbornia_...0_0043-0060.pdf

LG Uwe

Hallo zusammen,

herzlichen Dank für die Kommentare und auch für den Link zur Lauterbornia.

Gestern war ich wieder auf der Suche. Jetzt sind es 12 Gewässer in denen ich M. balcanicus nachweisen konnte. Ich bin davon überzeugt, dass ich das Vorkommen in mindestens 30 Gewässern nachweisen kann. Jedoch wird das wohl erst nächstes Jahr der Fall sein. M. balcanicus ist fleißig am Schlüpfen und es sind nur noch wenige Larven im Gewässer.

LG Pit